Text:  Markus 1: 7 - 11

Reflexion

Den ersten Christinnen und Christen fiel auf, dass Jesus nie ohne Wasser war. Schauen wir zum Beispiel in das Evangelium nach Markus. Wasser ist überall.  Für die meisten heutigen Christinnen und Christen handelt es sich dabei nur um die Szenerie, aber für die frühe Kirche war es ein Motiv des neuen Lebens für die gesamte Schöpfung. Jesus, das lebendige Wort Gottes, wurde getauft im Wasser des Jordans, das er alsdann überall mit sich führte. Sein erster Schritt danach bestand darin, in die Wüste zu ziehen, womit er die Worte der Propheten erfüllte, dass in der Dürre Wasser fließen werde. Von da an taucht das Wasser überall auf. Die frühe Kirche erkannte seine Bedeutung in der Überlieferung des Evangeliums und bestimmte die Taufe Jesu gleich nach der Auferstehung am Ostersonntag als obersten Festtag, den die Christenheit begeht.  In diesen Wassern sahen sie die Geburt einer neuen Gesamtheit. In ihnen brach der Morgen eines neuen Himmels und einer neuen Erde an. Diesen Wassern entstieg das Leben der kommenden Welt.

Das Jahr 2016 würde den Gemeinden im Gebiet der Standing Rock Reservation lange Zeit im Gedächtnis bleiben.  Die geplante Dakota Access Pipeline, eine Ölpipeline, sollte entlang des Sioux-Reservats Standing Rock verlaufen und über den Missouri River führen, der die Haupttrinkwasserquelle des Reservats und der flussabwärts gelegenen Gemeinden darstellt. Die Ölpipeline, die den örtlichen Gemeinden keinerlei Nutzen bringt, birgt das Risiko einer Ölpest und der Verseuchung der reinen und heiligen Wasser des Missouri. Seit April 2016 campierten die Verteidiger der Rechte der indigenen Bevölkerung aus der Nation der Sioux vom Standing Rock an der Baustelle der Pipeline auf dem Land der Standing Rock Reservation.

2016 lud die örtliche (anglikanische) Episkopalkirche Geistliche und Glaubensoberhäupter ein, vom 2. bis 4. November nach Standing Rock zu kommen und sich an den Ufern des Missouri zu versammeln „um Zeugnis abzulegen für den Akt des Mitgefühls der Beschützerinnen und Beschützer des Wassers gegenüber Gottes Schöpfung und für die wandelnde Kraft von Gottes Liebe, die einen Weg bereitet, wo es keinen Weg gibt.“ Viele leisteten dem Ruf Folge, darunter auch ich.

Für viele von uns wurde die Verbindung aus Umweltschutz, Spiritualität und Theologie in der Gesamtheit aus Wasser und Leben 2016 am Standing Rock wiederbelebt. Zuerst brachte es uns nur die lebendige Verbindung zwischen Leben und Wasser in Erinnerung, etwas, für dessen Bewahrung die Menschen der Standing Rock Reservation bereit waren, einen hohen Preis zu zahlen. Durch ihr Zeugnis erwachte in vielen etwas, das beinahe verloren gegangen ist: die absolute moralische, physische und spirituelle Verbindung zwischen Leben, Wasser und Zukunft. Als unzählige Menschen im Verlauf der Standing Rock Proteste begriffen, dass die Gefahr für das Wasser von Standing Rock auf eine wesentlich größere Gefahr hinwies, entstand etwas Neues. Uns wurden nicht nur die Augen für das geöffnet, was in unserem eigenen Zeitalter geschieht; es öffnete vielen von uns auch die Augen für die Richtung, die uns das Wasser, das durch das gesamte Leben Jesu fließt, weist.  In Johannes 7:37 vergleicht sich Jesus selbst mit dem lebendigen Wasser - „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!“ Jesus ist, so glaube ich, auch im Wasser von Standing Rock.  Dort sehen wir die Wiedergeburt der Gesamtheit offenbart, zu neuem Leben erweckt und wieder mit Leben erfüllt.

Fragen zur Diskussion

  1. Am 22. März ist Weltwassertag. Das Motto in diesem Jahr lautet „Wert des Wassers“. Welche geistlichen Werte verbinden Sie als Mensch christlichen Glaubens mit Wasser?
  2. Warum sehen wir das Leben Jesus umgeben von Wasser? Angefangen bei seiner Taufe bis hin zu seinem Wirken. Welche spirituelle Bedeutung hat das Wasser im Leben Christi?

Aktionen:

  1. Für die indigenen Gemeinden ist Wasser - die lebensspendende Ressource - heilig.  Versuchen Sie herauszufinden, ob das heilige Wasser in Ihrer Region durch ein Industrieprojekt Gefahr läuft, verseucht zu werden.
  2. Versuchen Sie mehr über die Wasserschützerinnen und -schützer von Standing Rock herauszufinden.  Verleihen Sie Ihrer Solidarität mit den indigenen Gemeinden Ausdruck.

Quellen:

  1. Für die Menschen von Standing Rock / USA steht die ökologische Gerechtigkeit auf dem Spiel
  2. Standing Rock: Eine Aufforderung an die Geistlichkeit zum Handeln
  3. Der mit einem Emmy ausgezeichnete Dokumentarfilm “I Stand: Guardians of the Water” (Ich halte stand: Hüter*innen des Wassers) (Passwort: StandingRock)

* Erzbischof Mark MacDonald ist Indigener Landesbischof der anglikanischen Kirche von Kanada und Präsident des Ökumenisches Rats der Kirchen (ÖRK) für Nordamerika.