Das Webinar war der Auftakt zu einer neuen Kampagne des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) mit der Forderung „Stoppt die Annexion, beendet die Okkupation“.
Die Kampagne läuft vom 21. Mai bis zum 11. Juni und will darüber aufklären, wie die alltägliche Lebensrealität der Menschen in den besetzten Gebieten aussieht und welche Verletzungen des Völkerrechts einschließlich Zwangsvertreibungen, de-facto-Annexion und Diskriminierungen damit verbunden sind.
Die Fachleute, die während des Webinars zu Worte kamen, haben einen Einblick in die rechtlichen Gegebenheiten sowie die derzeitigen politischen Realitäten vermittelt und Vorschläge unterbreitet, wie die Menschen besser für das Thema sensibilisiert und wahrheitsgetreue Informationen weitergegeben werden können.
Pastor Dr. Kenneth Mtata, ÖRK-Programmdirektor für Leben, Gerechtigkeit und Frieden, begrüßte die Teilnehmenden zu Beginn des Webinars und wies darauf hin, dass diese Veranstaltung und auch die Kampagne vom Ökumenischen Begleitprogramm des ÖRK in Palästina und Israel organisiert würden.
„Eine der deutlichsten Manifestationen dieser Dekade zur Überwindung von Gewalt war das Ökumenische Begleitprogramm in Palästina und Israel“, sagte er und beschrieb, wie die ökumenischen Begleitpersonen zu Zeugen von Menschenrechtsverletzungen werden.
„Ihre Aussagen haben einen entscheidenden Anteil daran, tägliche Ungerechtigkeiten offenzulegen und die Welt an unsere gemeinsame Verantwortung zu erinnern“, sagte Mtata.
Die Referenten und Referentinnen des Webinars äußerten ihre Einschätzungen vor dem Hintergrund eines Rechtsgutachtens des Internationalen Gerichtshofs vom 19. Juli zur israelischen Präsenz in Palästina, das seit dem Krieg 1967 von Israel okkupiert wird. Das Rechtsgutachten stellt die Unrechtmäßigkeit der israelischen Präsenz im besetzten Gebiet fest.
„Dieses Gutachten verlangt nicht nur von Israel, die Besetzung zu beenden, sondern fordert ebenfalls Drittstaaten auf, aktive Schritte zu unternehmen, damit das Völkerrecht eingehalten wird“, sagte Mtata.
Michael Sfard, ein israelischer Fachanwalt für Menschenrechte, eröffnete das Webinar mit einer Beschreibung der schnellen Veränderungen der Lage in Palästina und Israel vor dem Hintergrund des aktuellen Konflikts. „Die Beschreibung der Situation vor einem Monat entspricht schon nicht mehr der heutigen Lage“, sagte er und ging näher auf drei Bereiche ein, in denen es erhebliche juristische Bedenken gebe: die gesetzeswidrige Annexion, die zurzeit im Westjordanland stattfinde; die Zwangsvertreibungen; und die jüdische Vormachtstellung und Apartheidspolitik.
Sfard richtete das Augenmerk vor allem auch auf die in Gaza begangenen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“
Randa George Yacoub Siniora, eine palästinensische Menschen- und Frauenrechtsaktivistin, berichtete, wie das palästinensische Volk unter dieser seit langer Zeit bestehenden Okkupation lebe und jetzt einer illegalen Annexion entgegensehe – die sie als „schleichende Annexion“ bezeichnete, die einer subtilen Aushöhlung der Menschenrechte gleichkomme.
„Die Ergebnisse sind das, was wir heute sehen: Das israelische Volk versucht, sich immer mehr Land anzueignen und mehr Siedlungen zu errichten“, sagte sie.
Sie stellte ebenfalls fest, dass Frauen in Palästina unverhältnismäßig stark durch die illegalen Annexionen und den Krieg in Gaza betroffen seien – ihre Geschichten seien somit von besonderer Bedeutung.
„Die Zeugenaussagen, die wir hören, sind geeignet, den Stimmen der Frauen in ihrem Leid mehr Gewicht zu verleihen und Frauen dazu zu bewegen, über ihre eigenen Erfahrungen zu berichten“, sagte sie.
Wie Sfard ist auch sie der Meinung, dass Gaza nicht einfach ignoriert werden darf. „Gaza steht kurz vor dem Zusammenbruch“, sagte sie. „Es gibt keinen sicheren Ort mehr im Gazastreifen.“
Die Kampagne „Stoppt die Annexion, beendet die Okkupation“ läuft vom 21. Mai bis zum 11. Juni und lässt Menschen vor Ort zu Wort kommen, die freimütig über die Realitäten ihres Alltagslebens unter der Besatzung sprechen und berichten, wie sich die Verletzungen des Völkerrechts auf einzelne Menschen, Familien und Gemeinschaften auswirken.
Kampagne: Stoppt die Annexion – beendet die Okkupation (in englischer Sprache)
Lesen, herunterladen, weiterleiten: Zeugnis aus erster Hand – erlebte Wirklichkeit vor Ort (in englischer Sprache)
Nächstes ÖRK-EAPPI-Webinar, 5. Juni 2025: „Weggemeinschaft, Solidarität und gemeinsame Aktionen für Gerechtigkeit und Frieden" (in englischer Sprache)
Factsheet: Von der Okkupation zur Annexion – das Westjordanland und Ostjerusalem (in englischer Sprache)
Factsheet: Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs (in englischer Sprache)

Podiumsgäste im Gespräch Oben links: Randa Siniora; oben rechts: Diskussionsleiter George Sahhar; unten Mitte: Michael Sfard