Image
Computer screen pictured in a conference room, with AI-generated images on display.
Foto:

Agnieszka Godfrejów-Tarnogórska, Präsidentin des ECIC-Netzwerks und Pressesprecherin der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, sprach darüber, wie das Eingangsgebet  – Jesu Antwort an Pontius Pilatus, dass er in die Welt gekommen sei, um die Wahrheit zu bezeugen – ein Leitgedanke für uns in der heutigen Zeit darstellen kann. 

„Es erinnert uns daran, dass die Wahrheit keine abstrakte Idee ist, sondern gelebte Realität, die in der Person Christi fußt“, sagte sie. „Wenn wir als christliche Kommunikatoren mit digitaler Technologie arbeiten, sind wir dazu angehalten, die Wahrheit in einer Welt zu bezeugen, die immer stärker über Algorithmen und Daten vermittelt wird.“

Image
People pictured standing up in prayer, inside a small stone chapel.

Teilnehmende der ECIC beim Gebet im Château de Bossey. Agnieszka Godfrejów-Tarnogórska, Präsidentin des ECIC-Netzwerks, am Rednerpult.

Foto:

Sie erwähnte viele ethische und praktische Fragestellungen im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz (KI). 

„Deswegen ist unser Werk wichtig“, sagte sie. „Wir sind dazu angehalten, die Art und Weise, wie KI und digitale Technologie genutzt werden, zu stören und an ihr Kritik zu üben.

Sie legte besonders Gewicht darauf, sich bei der Nutzung von KI und der Förderung eines mit christlichen Werten vereinbarendes Technologieverständnisses – das die Schöpfung respektiert, den Menschen dient und das Recht achtet – für Transparenz, Fairness und Verantwortlichkeit einzusetzen. 

„Wir sind hier zusammengekommen, um uns auszutauschen, zu reflektieren und technologischen Debatten eine menschliche und spirituelle Perspektive zu geben“, sagte sie. „Das ECIC-Netzwerk ist eine Chance, das Thema KI erkunden. Wir können uns gegenseitig dazu herausfordern, uns eingehend damit auseinanderzusetzen, und wir können gemeinsam zu Gott beten, damit er uns Weisheit und Mut schenke und uns mit seinem Heiligen Geist leite, um die Früchte zu ernten.“

Die erste ECIC fand am 22.–23. November 1996 unter der Ägide der Weltvereinigung für christliche Kommunikation (WACC) in Frankfurt statt.

Die aktuelle Konferenz ist die zweite, die vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) ausgerichtet wird. Die ECIC 2014 fand am 2.–5. Juni 2014 unter dem Motto „Open Internet, Open Church, Open Source“ im Ökumenischen Institut in Bossey statt.

Die aktuelle ECIC wird vom ÖRK veranstaltet. Auch ÖRK-Kommunikationsdirektorin Marianne Ejdersten sprach einige einleitende Worte. 

„Wir vertreten ein breite Vielfalt an Kirchen und christlichen Organisationen und sind damit ein Abbild der vielen Ausdrucksformen des Christentums im ganzen Kontinent“, sagte Ejdersten. „Digitale Technologien verändern unsere Welt und die vielen Räume, in denen wir leben und uns bewegen.“

Ejdersten fügte hinzu: „Diese Technologien bieten uns neue Möglichkeiten, zu kommunizieren, uns zu informieren und in der Welt zu bewegen, uns für menschliche Würde und Menschenrechte zu engagieren, und bieten einen Raum für viele verschiedene Meinungen.“

Ejdersten schloss mit den Worten: „Ich hoffe, dass der Austausch bei der ECIC und andernorts dazu führt, dass Anstrengungen dafür unternommen werden, damit die Entwicklung von künstlichen Intelligenzen letztendlich der Menschheit und dem Frieden dient. Diese Verantwortung tragen nicht einige wenige, sondern wir alle.“

Image
People pictured in conversation standing up in a circle in the middle of a large conference room.

Teilnehmende am Eröffnungstag der ECIC. 

Foto:

Chancen und Gefahren der Zukunft

Zwei Vorträge am ersten Tag regten in Kleingruppen die Diskussion über Methodologien, Kommunikation und Technologien an.

Dr. George Zarkadakis sprach über „Götter, Roboter und die Theorie des Geistes: KI gleicht keiner anderen unserer Kreationen“. Er ist ein Autor von Sachbüchern und Romanen und Leiter für Innovation bei Syndesis Health Inc., einer Firma im Bereich Gesundheitsdaten und KI. Er hat einen Doktorabschluss in KI im medizinischen Bereich. 

Zarkadakis sagte: „Die Vorstellung, dass unbelebte Objekte einen Willen und sogar einen Geist besitzen, ist viel älter als die Geburt der KI im 20. Jahrhundert.“

In seinem Vortrag zeigte Zarkadakis die seismischen Wellen dieser evolutionären Singularität seit den steinzeitlichen Wurzeln bis in die Moderne auf und legte dar, dass unser Wunsch nach denkenden Maschinen tiefer geht als ein reiner utilitaristischer Gedanke. „KI ist eine Technologie, die unsere Spezies in eine Meta-Spezies, die physische Grenzen überwindet, verwandeln kann“, sagte er. „Das heißt, dass die Menschen gottähnliche Eigenschaften und Fähigkeiten erlangen.“

Er bemerkte, dass Vorstellungen, die es bisher nur in der Literatur gab – wie etwa sich zu „löschen“, sich als Informationsfragmente wiederaufzubauen, sich selbst zu dekonstruieren, sich zu übertragen – nun als reale Möglichkeiten am Horizont zu sehen sind.

„Die Menschen sind so intelligent geworden, dass sie Teil einer Maschine geworden sind“, sagte er. „Nun ist das Menschliche teilweise eine Maschine.“

Zarkadakis ist überzeugt, dass KI für den Fortschritt sehr wichtig ist. „Was mir Sorgen bereitet, sind die Auswirkungen auf die Gesellschaft“, sagte er.

Prof. Dr. Holger Sievert, Studienrichtungskoordinator und Lehrender für Medienkommunikation mit Schwerpunkt auf PR und Kommunikationsmanagement am Campus Köln der Hochschule Macromedia. Er sprach zum Thema „Künstliche Intelligenz als (nicht-)Thema bei zwei großen europäischen Kirchen“, trug empirische Ergebnisse einer Studie vor, bei der knapp 1 500 Kirchenangestellte teilnahmen, und sprach über seine eigenen Schlüsse und Empfehlungen.

Sievert hat die ausführlichste empirische Studie der letzten Jahre zu Digitalisierung und Kirchen durchgeführt. Seine Hochschule war die erste in Deutschland, die Studierenden bei ihren Projektarbeiten die Nutzung von KI ausdrücklich erlaubte.

„Es besteht selbst nach COVID eine große Nachfrage nach Online-Diensten“, sagte er. „Die Kirchenmitglieder in Deutschland sind nicht weniger digital, sondern mehr“, sagte er. 

Laut den Ergebnissen seiner Studie verwendete 25 % der deutschen Bevölkerung täglich Facebook. „Bei den Kirchen ist Instagram am beliebtesten – bei 60 % der Leute“, sagte er. 

Sievert sagte: „Wir können insgesamt sagen, dass Kirchenmitglieder der allgemeinen Bevölkerung in Deutschland in Sachen Digitalisierung ein bis drei Jahre voraus sind.“

Mehr Informationen unter: Europäische Christliche Internetkonferenz zu ethischen und praktischen Fragen bei der Nutzung von KI

Fotogalerie: Europäische Christliche Internetkonferenz in Bossey (2024)

Image
Piece of paper displaying a blue rectangular logo with the brand ECIC.
Foto: